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18.09.2005: Stefan Meretz an André Gorz

Berlin, 18.9.2005

Lieber André,

es ist unglaublich, aber es sind wieder Monate vergangen, seit ich dir schrieb. Leider ist meine Situation nicht besser geworden, eher schlimmer. Das ver.di-Projekt wurde auf Oktober verschoben, und ich bin sehr unter Druck und kann keinen klaren Gedanken fassen. Das ist eine Erfahrung, die ich nicht wieder machen möchte. Aber sie lässt mich auch die Realität von einer bestimmten Gruppe von Managern und Beratern nachfühlen: Das ist die hochverdichtete Form der Wissensarbeit im Informationskapitalismus, die die einen ausschließt und die anderen auslaugt.

Es tut mir einfach leid, weil ich mich so gerne auf etwas anderes einlassen möchte, dir schreiben möchte, etwas, das Substanz hat. Aber ich schaffe es nicht. Als kleinen „Trost“ lege ich dir ein „Interview“ bei, dass Uli Weiß und ich für ein Buch von Attac-Österreich gemacht haben.120 Es müsste demnächst erscheinen.

Und das kann ich auch noch schreiben: Ja, na klar kenne ich die Meretz-Partei in Israel, aber mein Name hat vermutlich keine jüdischen Wurzeln. Mein Vater vermutete als Quelle eher hugenottische Einwanderer nach Preußen. Andererseits steckt ja auch „mère“ in dem Namen, aber ein „tz“ ist ungewöhnlich im Französischen, oder? Auf jeden Fall habe ich die Ehre bei einer Suche über Google gut platziert neben der Meretz-Partei zu stehen.

Ich hoffe im neuen Jahr wieder bei Sinnen zu sein.

Ich grüße dich herzlich!

(Stefan)


120 Vgl. Stefan Meretz & Ulrich Weiß 2005.

Veröffentlicht in Briefe